In den letzten Jahren hat Ashwagandha einen bemerkenswerten Aufstieg auf dem Markt für Fitness, Gesundheit und Selbstoptimierung erlebt. In den sozialen Medien preisen zahlreiche selbsternannte Gesundheitsexperten die nervenberuhigende, muskelstärkende und schlaffördernde Wirkung dieser Pflanze. Darüber hinaus wird behauptet, dass Ashwagandha die sexuelle Leistungsfähigkeit, Fruchtbarkeit und das Gedächtnis verbessert.
Obwohl der Einsatz von Ashwagandha in jüngster Zeit an Popularität gewonnen hat, ist dies keineswegs ein neues Phänomen. Tatsächlich wird Aśvagandhā, wie das Sanskritwort korrekt geschrieben wird, seit über zweitausend Jahren in der altindischen Ayurveda-Medizin verwendet. Der Name Ashwagandha bedeutet wörtlich "die nach Pferd Duftende" und bezieht sich auf den charakteristischen Geruch der frischen Wurzeln dieser Pflanze, der an Pferde erinnert.
Von botanischer Seite wird Ashwagandha als Withania somnifera identifiziert, eine Pflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae). Der aufrecht wachsende Strauch kann bis zu 1,50 m hoch werden und besitzt ovale Blätter mit einer behaarten Unterseite. Sowohl Stamm als auch Zweige tragen feine Härchen. Für medizinische Zwecke werden besonders die langen, leicht knolligen Wurzeln verwendet.
Die Blüten sind grün-gelblich und befinden sich in den Achseln der Blätter. Die Früchte sind kleine, tiefrote Beeren (ca. 5 mm Durchmesser), die von einem ballonartigen Kelch umgeben sind, ähnlich wie bei der Physalis oder der Lampionblume.
Im Deutschen wird Ashwagandha gelegentlich als "Schlafbeere", "Winterkirsche" oder "Judenkirsche" bezeichnet. Jedoch sind diese Bezeichnungen nicht eindeutig auf Withania somnifera bezogen. Zum Beispiel wird auch die Tollkirsche (Frucht von Atropa belladonna) als "Schlafbeere" bezeichnet. Zudem wird für medizinische Zwecke nicht die Frucht, sondern hauptsächlich die Wurzel von Withania somnifera verwendet. Daher ist es ratsam, die botanische Bezeichnung zu verwenden.
Die Verbreitung der Ashwagandha-Pflanze erstreckt sich über ein weitläufiges Gebiet, das den Mittelmeerraum, die Kanarischen Inseln, große Teile Afrikas und trockenere Regionen Südasiens umfasst. Heutzutage stammt das für ayurvedische Arzneimittel verwendete Ashwagandha hauptsächlich aus Nordindien, wo die gesamte Pflanze geerntet und die Wurzeln vor der weiteren Verwendung getrocknet werden.
Archäologische Funde deuten darauf hin, dass die Pflanze bereits in den alten orientalischen Kulturen für verschiedene Zwecke genutzt wurde. Zum Beispiel wurden in altägyptischen Grabstätten Früchte von Withania somnifera in Kränzen gefunden, die Mumien geschmückt haben könnten. Einige Autoren spekulieren auch darüber, dass die Pflanze von antiken europäischen Ärzten und ihren mittelalterlichen Nachfolgern verwendet wurde. In der Materia medica des Dioskurides, einem bedeutenden pharmakologischen Werk in Europa über mehr als 1500 Jahre, wird eine Pflanze namens Strychnos halikabos erwähnt, die von einigen Botanikern als Withania somnifera identifiziert wird.
Heutzutage wird Ayurveda in Südasien als anerkanntes Medizinsystem betrachtet, das ähnliche Strukturen wie die moderne Medizin aufweist. Ayurveda-Ärzte in Indien absolvieren ein eigenes Hochschulstudium, und es gibt spezielle ayurvedische Ärztekammern sowie einen nationalen Forschungsrat. Ein charakteristisches Merkmal des modernen Ayurveda ist die Verknüpfung von traditionellem Wissen mit modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen.
Die moderne ayurvedische Pharmakologie, die auf eine rund zweitausendjährige Tradition zurückblickt, empfiehlt Ashwagandha hauptsächlich als stärkendes und aufbauendes Mittel gegen die Gebrechen des Alters und verschiedene Schwächezustände. Dazu gehören insbesondere postinfektiöse Schwächezustände und die Fatigue, die mit Tumoren assoziiert ist.
Des Weiteren wird Ashwagandha als "Nerventonikum" angesehen und zur Beruhigung bei Erregungszuständen und Schlafstörungen eingesetzt.
In der Ayurveda-Medizin werden jedoch nicht nur spezifische Indikationen berücksichtigt. Auch andere individuelle Faktoren spielen bei der Arzneimitteltherapie eine Rolle. Ashwagandha ist aufgrund ihrer "wärmenden Potenz" beispielsweise nicht für Menschen geeignet, die aus ayurvedischer Sicht eine Pitta-Konstitution haben, es sei denn, es wird in entsprechend zusammengesetzten Kombinationspräparaten verwendet.
Außerdem muss der Zustand der individuellen "Verdauungskraft" (Agni) unbedingt beachtet werden, insbesondere bei der Auswahl der arzneilichen Präparation von Ashwagandha, sei es in Form von getrocknetem Pulver, Abkochung oder fermentierter Präparation.
Eine kurze Recherche in relevanten Datenbanken zeigt deutlich, dass Ashwagandha in jüngerer Zeit Gegenstand intensiver Forschung ist. Obwohl biochemische Analysen und experimentelle Untersuchungen den Großteil dieser Forschung ausmachen, sind klinische Studien noch vergleichsweise selten.
Eine chemische Analyse von Ashwagandha zeigt, wie bei den meisten Pflanzen, eine Vielzahl verschiedener Stoffe auf. Etwa 35 verschiedene Bestandteile wurden in der Ashwagandha-Wurzel identifiziert. Besondere Bedeutung für die medizinischen Wirkungen haben vermutlich die sogenannten Withanolide, chemisch gesehen Steroidlaktone. Zusätzlich sind auch verschiedene Alkaloide und Flavonoide nachweisbar. Trotzdem ist der genaue Mechanismus der pharmakologischen Wirkung dieser Inhaltsstoffe noch nicht vollständig verstanden.
Bisher gibt es nur begrenzte verlässliche Daten über unerwünschte Wirkungen von Ashwagandha. Besondere Vorsicht ist geboten bei Personen mit einer Hypersensitivität gegenüber Nachtschattengewächsen.
In einigen Fällen wurde nach der Einnahme von Ashwagandha in der klinischen Praxis von Durchfall berichtet, der jedoch nach Absetzen der Einnahme verschwand. In seltenen Fällen wurde über eine Lebertoxizität berichtet, die sich nach Beendigung der Einnahme zurückbildete.
Eine Studie mit 80 gesunden Probanden, die über 8 Wochen täglich 300 mg einnahmen, zeigte keine Anzeichen von unerwünschten Wirkungen. In einer ähnlich aufgebauten Studie, in der die Probanden jedoch eine zunehmende Menge Ashwagandha-Extrakt einnahmen, sogar weit über die empfohlenen Mengen (bis zu 10 g täglich), kam es zu einem Anstieg des Serumkreatinins und einem Abfall des Harnstoffs. Die Autoren führten dies auf die gleichzeitig beobachtete Zunahme der Muskelmasse zurück.
Eine Einnahme von Ashwagandha während der Schwangerschaft und Stillzeit wird aufgrund fehlender Daten nicht empfohlen.
Es ist wichtig, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu beachten. Die sedierende Wirkung von Antiepileptika, Benzodiazepinen und Barbituraten kann verstärkt werden, wenn sie gleichzeitig mit Ashwagandha eingenommen werden. Ebenso kann die Wirkung von Schilddrüsenhormonen verstärkt werden. Aufgrund seiner immunstimulierenden Wirkung wird bei Autoimmunerkrankungen Vorsicht empfohlen. Bei einem testosteronabhängigen Prostatakarzinom wird von der Einnahme von Ashwagandha abgeraten.
Basierend auf den derzeit verfügbaren Daten kann davon ausgegangen werden, dass die Einnahme von Ashwagandha in angemessenen Dosen bei angemessener Vorsicht im Allgemeinen unbedenklich ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ashwagandha ein großes Potenzial für die Behandlung von Krankheiten sowie für die Gesundheitsvorsorge bietet. Es bleibt zu hoffen, dass die medizinische Forschung dieser Heilpflanze auch weiterhin Beachtung schenkt, selbst wenn der Enthusiasmus, wie er in den sozialen Medien zu beobachten ist, nachlässt.