Die ayurvedischen Medikamente gelten in Deutschland nicht als Medikamente sondern als Nahrungsergänzungsmittel. Dennoch sollten sie, auch wenn es „nur“ Pflanzen oder Gewürze sind, ernst genommen werden. Bitte nehmen Sie nicht einfach irgendwelche ayurvedischen Mittel nach Selbsteinschätzung ein, sondern lassen Sie sich von einem ayurvedisch ausgebildeten Arzt beraten. Die Pflanzen müssen zu Ihnen passen, sie können auch Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben. Daher rate ich dringend von einer Selbstmedikation ab!
Aloe vera gehört zu den Sukkulenten. Diese haben die Fähigkeit, in ihren Blättern viel Wasser zu speichern und können daher an trockenen, heißen Standorten wachsen.
Nach dem Europäischen Arzneibuch sind zwei Aloe Arten zugelassen: Aloe ferox und Aloe vera. Aloe ferox blüht rot oder orange, Aloe vera blüht gelb. Es besteht nur ein geringfügiger Unterschied im Inhaltsstoffmuster.
Aloe vera wird bis zu 60 cm hoch, hat gelbe Blüten von August bis Dezember. Die Blätter werden 40-50 cm lang, sind fleischig, lanzettenförmig mit scharfer Spitze, grau bis grün.
Der Saft der Blätter und Wurzeln wird innerlich und äußerlich verwendet.
Aloe vera heißt in Sanskrit Kumari (junge Frau). Kumari ist die Schaumgeborene, Aphrodite. Sie ist in Kanyakumari, dem südlichsten Punkt Indiens aus dem Meer gestiegen, um die Hochzeit mit Shiva zu erwarten. Während sie ihr langes, schimmerndes Haar im goldenen Sonnenlicht pflegte, sind viele Schiffe an der Küste zerschellt, da die Seeleute ähnlich wie bei der Loreley durch sie abgelenkt wurden. Die roten, gelben, weißen, schwarzen, grünlichen und braunen Sandadern und Sandbänke gelten noch immer als die Reste des Hochzeitsmahls. Leider ist Shiva niemals aufgetaucht, so dass sie vielleicht heute noch wartet.
Die wichtigsten Inhaltsstoffe sind die Anthrachinon Glykoside. Sie sind in der äußeren Schicht enthalten und haben eine abführende Wirkung.
Ayurvedische Klassifikation:
Frischer Saft:
Rasa (Geschmack): bitter, süß
Guna (Eigenschaft): schwer, ölig, trüb, weich, befeuchtend
Vipaka (Wirkung nach der Verdauung): süß
Virya (thermische Potenz): kühlend
Dosha: Pitta und Kapha reduzierend
Prabhava (spezifische Eigenwirkung): abführend
Getrockneter Saft:
Rasa (Geschmack): scharf
Guna (Eigenschaft): leicht, trocken, spitz
Vipaka (Wirkung nach der Verdauung): scharf
Virya (thermische Potenz): erwärmend
Aloe vera schmeckt ausgesprochen bitter. Daher sind den Aloe vera Säften häufig Früchte oder Gemüse zugesetzt, um den Geschmack zu verbessern. Im Ayurveda ist allerdings das Wahrnehmen des Geschmacks sehr wichtig, da auch dies eine Wirkung hervorruft. Außerdem wird durch Zusätze die Wirkung verändert.
Heutzutage wird Aloe vera sehr aggressiv beworben. Es gibt diverse Firmen, die unterschiedliche Vorzüge hervorheben und empfehlen, das Leben lang täglich Aloe vera einzunehmen. Davon kann ich nur dringend abraten. Wie alle Substanzen hat natürlich auch Aloe vera Nebenwirkungen und ist nicht für jeden geeignet, schon gar nicht das Leben lang täglich. Bei langer Einnahme von Aloe vera können Leberschäden auftreten. In Überdosis können die Nieren gereizt und geschädigt werden. Da Aloe vera abortiv wirkt (die Gebärmuttermuskulatur zieht sich zusammen), sollte es auf keinen Fall in der Schwangerschaft genommen werden, es kann zu Fehlgeburt führen. Wegen der abführenden Wirkung ist es kontraindiziert bei Darmblutungsneigung und Darmverschluss. Bei Dauergebrauch kann eine Mineralstoffverarmung (insbesondere Kalium) auftreten. Grundsätzlich gibt es wenige Pflanzen, die täglich über einen langen Zeitraum zu empfehlen sind.
Richtig eingesetzt überwiegen natürlich die positiven Wirkungen: abführend, Gebärmutter reinigend, entzündungshemmend, Gallefluss anregend, verdauungsfördernd, menstruationsfördernd, wundreingend und wundheilend, blutreinigend, blutstillend, appetitanregend, aphrodisierend, antibakteriell.
Der Frischsaft unterdrückt das Wachstum von Micrococcus pyogenes var. Aureus, Streptococcus pyogenes, Salmonella paratyphi, Corynebacterium xerose. Der ethanolische Stamm Extrakt wirkt gegen E. coli. Der Extrakt der Blätter unterdrückt das Wachstum von Mycobacterium tuberculosis. Aloe stimuliert Fibroblasten und das Wachstum der Epithelzellen
Indikationen sind demzufolge: Verstopfung, Appetitlosigkeit, Menstruationsbeschwerden, Verbrennungen, Entzündungen, Hämorrhoiden, Hauterkrankungen.
Heutzutage wird Aloe vera viel in Kosmetika eingesetzt, da es die Zellregeneration fördert.
Nach der Kommission E hat Aloe vera eine positiv Monographie bei Obstipation.
Die perfekte Patientin für Aloe vera wäre eine Frau mit Pitta Konstitution in den Wechseljahren, mit Hitzewallungen, einer Hauterkrankung und Verstopfung.
Aloe ist eine der Pflanzen, die in fast allen alten Sanskrit Texten erwähnt wird. Die ersten Rezepturen zur Anwendung von Aloe außerhalb Indiens fand man auf sumerischen Tontafeln, geschrieben in Keilschrift um 1700 v. Chr. Weitere Erwähnungen sind 1552 v. Chr. im Papyrus Ebers, 78 n. Chr. in Dioscorides De Materia Medica, 512 n. Chr. im Codex Aniciae Julianae und im 16. Jh. bei Paracelsus und Leonhart Fuchs.
Erhältliche Fertigpräparate: Kräuterlax, Aristochol Konzentrat (in Kombination mit Schöllkraut)
Ayurvedische Präparate: Kumāryāsava, Kumārīpāka, Kumārīkā vaţī, Rajahpravartanī vaţī
Aloe vera ist eine wunderbare Heilpflanze, aus der ayurvedischen Medizin nicht wegzudenken. Sie sollte jedoch unbedingt nur gezielt durch einen ayurvedisch ausgebildeten Arzt individuell eingesetzt werden.
Quellen: