Rheuma und Arthrose

Die ayurvedischen Texte basieren auf Sanskrit, der alten indischen Hochsprache. Im Sanskrit findet man für Arthrose und Rheuma vergleichbare Erkrankungen, welche als Sandhivāta und Āmavāta bezeichnet werden. Anhand der Symptome können die beschriebenen Erkrankungen verglichen und einander zugeordnet werden. Daher wird im Nachfolgenden der Sanskrit Begriff Āmavāta als Rheuma übersetzt und der Begriff Sandhivāta als Arthrose.

Unterscheidungskriterium Rheuma und Arthrose

In beiden Bezeichnungen findet sich Vāta, dies ist die Gemeinsamkeit.
Ein wichtiges Unterscheidungskriterium zwischen diesen beiden Erkrankungen, stellt das Vorhandensein von Āma dar, welches bei Āmavāta, Rheuma vorhanden ist. Āma ist das Unreife, Halbverdaute.

Im Ayurveda geht man davon aus, dass die Nahrung durch ein Verdauungsfeuer verarbeitet wird. Wenn das Verdauungsfeuer geschwächt ist, kann die Nahrung nicht vollständig verdaut werden. Die Nährstoffe aus der Nahrung können nicht optimal zum Gewebeaufbau eingesetzt werde. Die Nahrung bleibt quasi auf halber Strecke als Halbverdautes liegen. Dieses Halbverdaute wird als Āma bezeichnet.

Āma lässt sich mit Schlackenstoffen vergleichen. Seine Qualitäten sind: kalt, feucht, schwer, dick, klebrig, trüb, schleimig.

Von seinen Qualitäten ist es Kapha Dosha (der Bio-Energie, welche für die Stabilität und Befeuchtung zuständig ist) sehr ähnlich. Der Körper kann diese beiden nicht richtig differenzieren und führt Āma daher zu den natürlichen Aufenthaltsorten von Kapha, also z.B. zu den Gelenken. Dort kann Āma Kapha verdrängen und sich festsetzen, verkleben und zu Schwellungen führen.

Da Āma durch ein gestörtes Verdauungsfeuer entsteht, findet es sich nicht nur in den Gelenken, sondern kann Symptome im ganzen Körper entfalten, sogenannte systemische Symptome:

Appetitlosigkeit, Verdauungsstörungen, Mundgeruch, dicker Zungenbelag, Auswurf von Schleim oder Speichel, Kraftlosigkeit, Abstumpfen des Geistes und der Sinne, schleimiger Stuhl, Steifheit, Schweregefühl, Schmerzen, welche durch Öl verstärkt werden, der Puls liegt tief und fühlt sich dumpf oder schlüpfrig an.

Es müssen nicht alle Symptome gleichzeitig vorhanden sein. Wenn sie nur für kurze Zeit bestehen, ist der Körper meist allein in der Lage, sie zu entfernen. Āma ist bei rheumatischen Erkrankungen immer vorhanden, bei Arthrose nicht zwingend. Daher sollte bei Gelenksbeschwerden immer zunächst nach Symptomen von Āma gesucht werden, um die Erkrankung āyurvedisch zuzuordnen und die entsprechende Behandlungsstrategie festzulegen.

Ama Therapie

Finden sich Symptome von Āma, sollte zunächst eine Āma reduzierende Therapie durchgeführt werden. Häufig bessern sich dadurch schon weitere Beschwerden, wie z. B. Schmerzen in den Gelenken.
Um Āma zu entfernen, muss das Verdauungsfeuer reguliert werden, damit die Nahrung wieder vollständig verdaut werden kann. Dies erreicht man durch die Verwendung vieler scharfer oder bitterer Gewürze. Zusätzlich sollte schwer verdauliche Nahrung (Milch, Milchprodukte, Brot) vermieden werden. Leichter verdaulich ist warme und gekochte Nahrung. Natürlich gibt es auch āma-reduzierende āyurvedische Medikamente, welche individuell empfohlen werden. Ist Āma entfernt oder zumindest reduziert, ist die Behandlung von Rheuma und Arthrose ähnlich. In beiden Fällen herrscht eine Vāta Störung vor.

Vata

Vāta Doşa ist die Bio-Energie, welche für die Bewegung zuständig ist. Vāta hat die Eigenschaften kalt, trocken, beweglich, rau. Diese Eigenschaften sind Bestandteil von Vāta und werden bei Vāta Erkrankungen verstärkt. Das bedeutet, dass sich im Fall von Rheuma und Arthrose die Beweglichkeit verändert (auch Fehlstellungen können daraus resultieren) und die Gelenke kalt, trocken und rau werden.

Vāta Erkrankungen werden durch die entgegengesetzten Eigenschaften therapiert. Also warm, feucht, weich, stabil. Diese Eigenschaften sollten in der Ernährung verstärkt werden (z. B. wamer Brei, Suppen, Gemüse mit Soße, immer um dieselbe Uhrzeit essen) und bei Anwendungen beachtet werden (z. B. regelmäßige, warme, ölige Massagen).

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Nun zu den einzelnen Erkrankungen

Arthrose, Vāta an den Gelenken, Sandhi(gata)vāta

Schulmedizinisch gilt Arthrose als die häufigste chronische Gelenkserkrankung. Abnutzungserscheinungen führen durch gestörte Belastungsverhältnisse zu Veränderungen an den Gelenken.

Ayurvedische Ursachen für Arthrose

Natürlicher Alterungsprozess. Während jeder Lebensspanne ist ein anderes Doşa vorherrschend. Ab dem ca. 60. Lebensjahr befindet man sich im Vāta Lebensalter. In dieser Zeit herrscht Vāta vor und es besteht eine größere Neigung zu Vāta Erkrankungen.

Verdorbenes Vāta wirkt auf Gelenke. Dadurch trocknet die Gelenksschmiere aus und die Gelenkspalthöhe nimmt ab. Dies führt zu Schmerzen bei Bewegung.

Verschlechternd wirkende Faktoren:
Alles Vāta erhöhende wirkt verschlechternd, z. B. kalter trockener Wind oder kalte trockene Nahrung.

Symptome

  • große, einzelne Gelenke sind betroffen
  • große Zeitabstände im Ausbreitungsprozeß
  • lokale Schmerzen, Schwellungen, Steifheit
  • Luftkrepitation in den Gelenken (Schwellung mit gefangener Luft; hört sich an, wie das Knistern von Butterbrotpapier)
  • Schmerzen, bewegungsabhängig
  • Gelenkfehlfunktion
  • knirschende Geräusche
  • lokale Schmerzen, nicht wandernd
  • Abends Steifheit, Verschlechterung nach Bewegung
  • Ölung und Dampf vermitteln Erleichterung
  • Ggf. Fehlstellungen von Gelenken
  • Muskelabnahme
  • Missempfindungen

Die oben genannten Symptome beziehen sich lediglich auf Vāta in den Gelenken. Erhöhtes Vāta dehnt sich jedoch im gesamten Körper aus.
Daher liegen auch unspezifische Symptome bei einer Vāta Störung vor:

  • der Patient friert leicht, hat ein Kältegefühl (śīta)
  • es liegt eine Trockenheit vor. Dies kann sich in trockener Haut, aber sich im Stuhlgang (Verstopfung) zeigen (rukşa).
  • Der Patient kann sehr unstet sein, sehr beweglich in seinen Gedanken (cala).
  • Vāta ist leicht. Bezogen auf das Gewicht, aber auch, dass der Patient seine Krankheit zu leicht nimmt (laghu).
  • Die Schmerzen sind penetrierend, aber klar (vişada).
  • Die Gelenke sind rau (der Knorpel ist abgenutzt), aber z. B. auch die Haare oder die Haut können rau sein (khara).
  • Vāta dringt bis in die kleinsten Bereiche des Körpers vor und beeinträchtigt auch den Geist. Die Patienten sind sehr sensibel (sukşma).
  • Vāta Symtome sind vielfältig und können im Rahmen einer Vāta Erkrankung in den verschiedensten Körperbereichen, aber auch im Geist auftreten.

Ayurvedische Therapie (aushada) von Arthrose

Vāta verringern (Ernährung, Lebensführung) Ein regelmäßiger Tagesablauf, um die Unruhe und Beweglichkeit von Vāta auszugleichen, ist sehr wichtig. Kälte meiden, bzw. warme Kleidung tragen, warm essen, Wind meiden. Auch sollten Vāta erhöhende Tätigkeiten, wie z. B. viel Reisen oder Sprechen vermieden werden. Vāta braucht Erdung und Ruhe. Meditation oder auch religiöse Rituale sind zur Besänftigung von Vāta sehr gut geeignet, da die Gedanken auf einen Punkt fixiert werden. Alle Vāta typischen Eigenschaften sollten vermieden werden.

  • Ölung, äußerlich (Snehana) Öl ist schwer und feucht. Wenn es auch noch warm gemacht wird, hat es schon drei Vāta ausgleichende Eigenschaften. Das Einölen des ganzen Körpers bringt Ruhe und Ausgeglichenheit und reduziert so Vāta.
  • Warmer Dampf lokal, oder am ganzen Körper (Svedana) Wärme und Feuchtigkeit sind wieder zwei Vāta entgegengesetzte Eigenschaften. Durch warmen Dampf werden eventuell vorhandene Blockaden gelöst. Vāta, welches sich hier angestaut hat, kann sich wieder frei und in die richtige Richtung bewegen.
  • Feuchte, warme Umschläge. Warmes Wasser mit speziellen Kräutern wirkt den Vāta Eigenschften rukşa, śīta und khara entgegen
    Ausleitende Therapie (śodhana): im Rahmen einer Pancakarma Reinigungskur kann Vāta aus dem Körper ausgeleitet werden.
  • Yoga
  • Spezielle Gelenkbehandlungen mit Kräuterbeuteln, Ölen oder Pasten.
  • Individuelle āyurvedische Medikamente

Rheuma, āmavāta

Madhava nidana, 25, 1-5 (ca. 8. Jh.): Unverträgliche Nahrungsmittel und Lebensgewohnheiten, Mangel an körperlicher Aktivität oder physische Anstrengung nach Einnahme von fettiger Nahrung und Personen mit schwacher Verdauung entwickeln Āma. Dieses Āmarasa verbindet sich mit Vāta und bewegt sich sehr schnell zu den verschiedenen Orten von Kapha, füllt sie auf und verstopft die Blutgefäße. So verbindet sich āma mit Vāta, Kapha, sowie auch Pitta, nimmt verschiedene Farben an und blockiert die Gewebsporen und Passagen. Es verursacht sehr schnell ein Gefühl der Schwere und Schwäche im Herzen, das der Sitz dieser Krankheit wird. Gleichzeitig befällt es auch die verschiedenen Gelenke im Körper und wird zur gefürchteten Krankheit Āmavāta, was zu vielen weiteren Störungen führen kann.

Die Symptome von āmavāta sind extreme Schmerzen (wie bei einem Skorpionsbiss) im ganzen Körper, vor allem in den Gelenken, Verlust von Geschmack, Durst und Enthusiasmus, Schweregefühl, Fieber, Verdauungsstörung und Anschwellen der Gelenke und anderer Körperteile, Appetitverlust, starke Speichelabsonderung, ein schlechter Geschmack im Mund, große Mengen von Urin, Schmerzen und Verhärtung des Abdomens, Schlafmangel, Erbrechen, Schwindel, Schmerzen im Herzen, Bewegungseinschränkung und starke Blähungen.

Symptome

  • Langandauernde Steifheit, länger als zwei Stunden.
  • Andauernde Kontrakturen (Versteifung der Gelenke in Fehlstellungen)
  • Beteiligung von mehr als einem Gelenk
  • Breitet sich von einem Gelenk zum nächsten aus
  • Andauernde Schmerzen
  • Lokale Blässe oder Rötung
  • Lokale Empfindlichkeit
  • Evtl. lokal erhöhte Temperatur
  • Systemische Symptome (entstehen durch Āma im ganzen Körper): Fieber , Gliederschmerzen, vermehrtes Wasserlassen, Herzschmerzen (da das Herz auch ein Sitz von Kapha ist, sammelt sich hier auch Āma an), Erbrechen, Schwindel, Verstopfung, Blähungen, Appetitverlust, kein Geschmacksempfinden im Mund, Müdigkeit

Therapie

  • Āma entfernen, s.o.
  • Kein Öl. Therapeutischer Test: Wenn sich die Symptome durch das Auftragen von Ölen oder fettigen Substanzen verstärken, bestätigt dies die Diagnose von Āmavāta durch den therapeutischen Test.
  • Öl darf eingesetzt werden, wenn Āma entfernt ist. Wenn nur noch wenig Āma in Āmavāta vorhanden ist, wird Āma nicht durch Öl verstärkt.
  • Trockene Hitze, bzw. trockenes Erwärmen der ganzen Körpers oder auch nur der betroffenen Körperteile, z. B. Bad in heißen Sandsäcken, Infrarot, Wärmflaschen, Kirschkernsäckchen, auch Sauna
  • Bei Muskelschwund: heiße, nährende Wickel oder Reisbeutelmassagen (śastika śali pinda sveda)
  • Medizinierte Pflaster, Pulverwickel
  • Yoga
  • Pancakarma Reinigungskur
  • Individuelle Medikamente
  • Sobald Āma reduziert ist, kann dieselbe Behandlung wie bei Sandhivāta durchgeführt werden.

Zusammenfassung der therapeutischen Schritte

  1. Die eigene Konstitution feststellen, um das Ziel zu definieren und keine falsche Behandlung durchzuführen.
  2. Über die Symptome die Erkrankung erkennen
  3. Evtl. vorhandenes Āma entfernen, Verdauung regulieren
  4. Individuelle Diät
  5. Individuelle ausleitende, reinigende Verfahren, Kräuter und BehandlungenBeide Erkrankungen sind auch āyurvedisch nicht heilbar, jedoch können die Lebensqualität und die Beweglichkeit der Gelenke deutlich verbessert werden, die Schmerzen und evtl. auch schulmedizinische Medikamente reduziert werden. Da beides chronische Erkrankungen sind, empfiehlt sich die Durchführung einer intensiven Pancakarma Reinigungskur über mindestens 14 Tage.
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